In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten stehen viele Unternehmen vor der gleichen, existenziellen Frage: Wie gelingt die nachhaltige wirtschaftliche Wende – der sogenannte Turnaround?
In genau diesen Situationen spielt das Sanierungsgutachten eine entscheidende Rolle. Es wird in der Regel auf Initiative der finanzierenden Bank oder Sparkasse in Auftrag gegeben – oftmals als Bedingung dafür, das Kreditengagement beizubehalten oder zu erweitern. Doch das Gutachten ist weit mehr als ein formales Dokument oder ein weiterer Punkt auf der To-do-Liste in der Krise.
Ein professionell erstelltes Sanierungsgutachten ist keine bloße Zustandsbeschreibung. Vielmehr handelt es sich um eine umfassende Analyse der unternehmerischen Situation, die aufzeigt, ob und wie das Unternehmen aus der Krise geführt werden kann. Dabei werden sowohl die Ursachen der Krise identifiziert als auch Maßnahmen zur Überwindung vorgeschlagen. Zudem enthält das Gutachten eine integrierte Finanzplanung, die belastbare Aussagen über die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens ermöglicht.
Besonders in Zeiten hoher Unsicherheit – etwa durch gestiegene Finanzierungskosten, volatile Absatzmärkte oder strukturelle Veränderungen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeitsdruck – ist ein Sanierungskonzept mit klar definierten Zielen, Handlungsschritten und Kennzahlen unerlässlich.
In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen ausführlich,
- warum ein Sanierungsgutachten oftmals der erste Schritt auf dem Weg zur erfolgreichen Sanierung ist,
- welche Inhalte es enthalten muss, um den Anforderungen von Banken, Investoren und Gläubigern gerecht zu werden,
- welchen konkreten Nutzen es für die Geschäftsführung, die Gesellschafter und das gesamte Unternehmen stiftet,
Unser Ziel ist es, Ihnen eine fundierte Orientierung zu geben – nicht nur in rechtlicher und betriebswirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch aus der Perspektive pragmatischer Krisenbewältigung. Denn mit dem richtigen Know-how, klaren Entscheidungsgrundlagen und einem starken Partner an Ihrer Seite kann auch eine schwere Krise der Beginn eines neuen Kapitels in der Unternehmensgeschichte sein.
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Was ist ein Sanierungs-Gutachten?
Ein Sanierungsgutachten ist ein detaillierter Bericht über die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens in der Krise mit dem Ziel, dessen Sanierungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Renditepotenzial darzustellen. Es bildet die Grundlage für Entscheidungen von Banken, Investoren und anderen Stakeholdern, ob eine Fortführung und Sanierung wirtschaftlich sinnvoll ist oder ob alternativ Maßnahmen wie Insolvenz oder Liquidation erforderlich werden.
Kernziele des Gutachtens:
- Identifikation der Krisenursachen
- Bewertung der Sanierungsfähigkeit
- Entwicklung eines tragfähigen Sanierungskonzepts
- Beurteilung der Fortführungsprognose im Sinne des Insolvenzrechts
- Darstellung notwendiger Maßnahmen und Zeitpläne
Warum fordert die Bank ein Gutachten?
Wenn Ihre Bank ein Sanierungsgutachten verlangt, ist das in den allermeisten Fällen ein positives Signal. Es bedeutet, dass sie weiterhin Potenzial im Unternehmen sieht und bereit ist, bei einer überzeugenden Sanierungslösung zu unterstützen. Die Bank hat ein berechtigtes Interesse daran, ihre bestehenden Kredite abzusichern und zugleich die Möglichkeit offen zu halten, das Engagement weiterzuführen oder sogar auszuweiten – sofern belastbare Perspektiven vorliegen.
Wichtig: Die Banken sind durch regulatorische Vorgaben verpflichtet, bei erkennbaren Kreditrisiken eine objektive Entscheidungsgrundlage zu verlangen. Das Sanierungsgutachten schafft diese Transparenz.
Unterschied zwischen Sanierungsgutachten und Fortbestehens-Prognose
Kriterium | Sanierungsgutachten | Fortbestehensprognose |
---|---|---|
Umfang | Umfassend, strategisch | Beschränkt auf Zahlungsfähigkeit |
Zielsetzung | Sanierungsfähigkeit & Restrukturierung | Prüfung auf Insolvenzreife |
Ersteller | Externe Berater mit Sanierungsexpertise | Geschäftsführung oder Berater |
Relevanz für die Bank | Entscheidungsgrundlage für Kreditvergabe | Kurzfristige Beurteilung der Lage |
Basis | IDW S6, BDU GoRS, KMU-Richtlinien | IDW S11 (Zahlungsfähigkeitsprognose) |
Standards für Sanierungsgutachten
Ein Sanierungsgutachten ist zwar rechtlich nicht in Gesetzen verankert, jedoch existieren klare Standards, die sich in der Praxis etabliert haben. Am bedeutendsten ist der IDW S6 Standard, der vom Institut der Wirtschaftsprüfer entwickelt wurde und sich vor allem bei mittleren und großen Unternehmen durchgesetzt hat.
Für kleinere Unternehmen bieten die KMU-Richtlinien des Bundesverbands freier Berater eine angepasste, praxisnahe Alternative. Die Wahl des Standards hängt vom Einzelfall ab – GREENOX berät hierzu umfassend und objektiv.
Inhalte eines IDW S6 Gutachtens
Ein qualifiziertes Sanierungsgutachten nach IDW S6 enthält mindestens folgende Elemente:
- Beschreibung der Ausgangssituation
- Analyse der Krisenursachen
- Markt- und Wettbewerbsanalyse
- Analyse der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage
- Darstellung der rechtlichen Situation
- Entwicklung eines Leitbilds für das sanierte Unternehmen
- Maßnahmenplan zur Sanierung (operative, strategische und finanzwirtschaftliche Maßnahmen)
- Integrierte Unternehmensplanung (3- bis 5-Jahresplanung)
- Bewertung der Sanierungsfähigkeit
- Fortbestehensprognose nach §19 InsO
Typische Maßnahmen im Rahmen eines Sanierungskonzepts
Die in einem Sanierungsgutachten empfohlenen Maßnahmen umfassen verschiedene Handlungsfelder. Typischerweise greifen operative, finanzwirtschaftliche und strukturelle Hebel ineinander, um eine ganzheitliche Sanierung zu ermöglichen.
Maßnahme | Zielsetzung |
---|---|
Personalabbau / Reorganisation | Kostenstruktur anpassen |
Optimierung der Produktpalette | Fokussierung auf margenstarke Leistungen |
Liquiditätssteuerung | Engpässe vermeiden, kurzfristige Zahlungsfähigkeit sichern |
Verhandlungen mit Gläubigern | Schuldenrestrukturierung |
Sale-and-Lease-Back-Modelle | Liquidität freisetzen |
Veräußerung von Unternehmensanteilen | Eigenkapitalzufuhr |
Digitalisierung & Prozessoptimierung | Effizienzsteigerung |
Was bedeutet eine positive Prognose?
Ein zentrales Kapitel des Gutachtens ist die sogenannte Fortbestehensprognose. Diese prüft, ob das Unternehmen in der Lage ist, innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten zahlungsfähig zu bleiben und ob Insolvenzgründe wie Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegen.
Konkrete Prüfpunkte:
- Liegt Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vor?
- Ist die Liquidität für die nächsten 12 Monate gesichert?
- Welche Maßnahmen sichern den Fortbestand des Unternehmens?
Ergebnis: Ist die Prognose positiv, besteht keine Insolvenzantragspflicht. Im umgekehrten Fall droht die Zahlungsunfähigkeit, was haftungsrechtliche Konsequenzen für die Geschäftsführung nach sich ziehen kann.
Wer entscheidet über den Umfang – Gutachten oder Prognose?
Die Entscheidung, ob eine Fortbestehensprognose ausreicht oder ein vollständiges Sanierungsgutachten notwendig ist, trifft in der Regel die finanzierende Bank. In bestimmten Fällen kann auch die Geschäftsführung selbst ein Gutachten in Auftrag geben – etwa zur Vorbereitung auf Verhandlungen mit Investoren oder zur Absicherung gegen mögliche Haftungsrisiken.
GREENOX-Tipp: Besonders kleine Unternehmen sollten prüfen, ob die Bank eine Fortbestehensprognose nach IDW S11 akzeptiert. Das spart sowohl Zeit als auch Kosten.
Weitere Anwendungs-Bereiche eines Gutachtens
Neben der klassischen Anwendung zur Absicherung von Bankfinanzierungen wird ein Sanierungsgutachten auch in weiteren Kontexten eingesetzt, insbesondere um Transparenz zu schaffen und rechtliche Risiken zu minimieren:
- Interne Entscheidungsfindung: Einschätzung des wirtschaftlichen Handlungsbedarfs
- Gläubigerverhandlungen: Reduzierung von Haftungsrisiken bei Stundungs- oder Teilzahlungsvereinbarungen
- Öffentliche Förderprogramme: Voraussetzung für Zuschüsse und staatliche Hilfen
- Gesellschafter- und Geschäftsführungsentlastung: Nachweis ordnungsgemäßer Geschäftsführung
- Stakeholder-Kommunikation: Vertrauensaufbau bei Investoren, Kunden und Mitarbeitern
Fazit: Das Gutachten als Zukunftsinvestition
Ein Sanierungsgutachten ist weit mehr als eine formale oder kurzfristige Reaktion auf akute finanzielle Schwierigkeiten. Es handelt sich vielmehr um ein strategisches Instrument, das Unternehmen eine klare Richtung vorgibt, wenn der Fortbestand gefährdet ist. Die strukturierte Analyse und die darauf basierende Umsetzung konkreter Maßnahmen bilden die Basis für eine nachhaltige wirtschaftliche Stabilisierung und Neuausrichtung.
Das Gutachten liefert nicht nur eine objektive Bewertung der aktuellen Unternehmenslage, sondern auch ein transparentes Konzept mit messbaren Zielen, das für Banken, Gläubiger, Gesellschafter und Mitarbeitende nachvollziehbar ist. Die enthaltene integrierte Unternehmensplanung ermöglicht es, Szenarien zu simulieren, Risiken einzuschätzen und zielgerichtete Entscheidungen zu treffen – ein entscheidender Vorteil in einer Situation, die oftmals von Unsicherheit geprägt ist.
Besonders in einem Umfeld steigender Finanzierungskosten, zunehmender regulatorischer Anforderungen und disruptiver Marktveränderungen gewinnt ein professionelles Sanierungsgutachten an Bedeutung. Es bietet Rechtssicherheit für die Geschäftsleitung, unterstützt die Kommunikation mit Stakeholdern und hilft, interne Strukturen und Prozesse kritisch zu hinterfragen und zukunftsfähig zu gestalten.
Darüber hinaus erfüllt es häufig auch eine wichtige Schutzfunktion: Ein tragfähiges Gutachten kann im Falle eines möglichen Insolvenzverfahrens dazu beitragen, Haftungsrisiken zu minimieren und rechtzeitig Alternativen zur Regelinsolvenz aufzuzeigen. Es ist somit nicht nur ein Analysewerkzeug, sondern auch eine präventive Absicherung.
Denn jede Krise birgt auch eine Chance – vorausgesetzt, sie wird ernst genommen, systematisch aufgearbeitet und entschlossen genutzt. Ein Sanierungsgutachten ist genau dieser Startpunkt für eine neue Perspektive, neue Strukturen und neue Möglichkeiten.
Investieren Sie nicht nur in ein Dokument, sondern in die Zukunft Ihres Unternehmens.